Kinder können nach den Voraussetzungen des Landes, in dem sie leben bzw. ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, adoptiert werden. Wird eine solche Adoption im Heimatland des Kindes ausgesprochen, kann diese als sogenannte ausländische Inlandsadoption in Deutschland nach dem Adoptionswirkungsgesetz (AdWirkG) anerkannt werden.

Hiervon zu unterscheiden ist die Adoptionsvermittlung im Rahmen eines internationalen Adoptionsverfahrens. Dieses liegt dann vor, wenn ein Kind aus dem Ausland nach Deutschland gebracht wird, um erst hier ein Adoptionsverfahren beim Familiengericht durchzuführen oder, wenn zwar im Ausland ein Adoptionsverfahren bereits durchgeführt worden ist, die annehmenden Eltern aber ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.

Wenn nun nach den Voraussetzungen des AdWirkG eine Adoptionsentscheidung im Ausland ergangen ist, die auf Antrag in Deutschland anerkannt werden soll, muss diese Entscheidung grundlegenden deutschen Rechtsgrundsätzen entsprechen. Eine wichtige Komponente dabei ist das Kindeswohl. Darüber hinaus spielt eine Rolle, ob sich das ausländische Gericht mit einem Wechsel des Lebensmittelpunktes des Kindes auseinandergesetzt hat.

Nepal ist vor vielen Jahren in die Kritik geraten, weil Adoptionsentscheidungen nicht primär am Kindeswohl ausgerichtet gewesen sein sollen. Auch in der Bundesrepublik Deutschland wurden daraufhin nepalesischen Adoptionsentscheidungen kritisiert und empfohlen, diese nicht anzuerkennen. Im Jahr 2010 erfolgten weltweit grundlegende Beschränkungen, die in vielen Ländern auch weiterhin aufrechterhalten werden, beispielsweise in den Vereinigten Staaten von Amerika. Kritisiert wird vor allem, dass eine notwendige Infrastruktur fehle und ein angemessener Schutz in internationalen Adoptionsverfahren in Nepal nicht gewährleistet sei. Gefordert wird, dass sich die nepalesische Regierung weiter bemühen soll, das Haager Adoptionsübereinkommen (HAÜ) umzusetzen und die eigenen rechtlichen Voraussetzungen für eine Adoption zum Schutz von Kindern und Familien zu reformieren.

In einem Verfahren auf Anerkennung einer ausländischen Adoptionsentscheidung vor dem Amtsgericht München (Beschluss vom 29.01.2024, Az. 52722 F 11756/22) lag zugrunde, dass ein verheiratetes nepalesisches Paar ein Waisenkind in Nepal adoptiert hat. Die Kindesmutter arbeitet in Deutschland, der Kindesvater betreut das angenommene Kind in Nepal und arbeitet im Rahmen seiner Anstellung, auch bei einer in Deutschland ansässigen Firma, aus dem Home-Office. Das Amtsgericht München hat die nepalesischen Adoptionsentscheidung nach eigener Sachprüfung anerkannt. Das wird dazu führen, dass der Vater mit der Tochter nach Deutschland reisen kann. Auch in Deutschland gelten die Adoptiveltern nunmehr als Eltern ihrer angenommenen Tochter.

Das Bundesamt für Justiz, dort die Bundeszentralstelle für Auslandsadoption, hat bestätigt, dass das in Nepal durchgeführte Verfahren ordnungsgemäß abgelaufen sei. Aufgrund der fehlenden Beteiligung Nepals am Hager Apostillen-Übereinkommen hat die Deutsche Botschaft in Kathmandu die vorgelegten Urkunden der Adoption geprüft und bestätigt, dass diese inhaltlich und auch formal korrekt seien. Die weitergehend überprüfte nepalesische Gerichtsentscheidung hat aus Sicht des Amtsgerichts München keinerlei Hinweise auf Verfahrensfehler oder die Nichtbeachtung des anwendbaren materiellen Adoptionsrechts ergeben. Die Voraussetzungen für die Adoption des Kindes waren daher erfüllt.

Verstöße gegen deutsche Rechtsgrundsätze hat das Amtsgericht ebenfalls nicht festgestellt. Im vorliegenden Fall hat eine unbekannte leibliche Mutter ein Kind in einem Krankenhaus in Nepal zur Welt gebracht, ohne namentlich und mit Adresse und weiteren Informationen erfasst worden zu sein. Polizeiliche Ermittlungen über die Mutter blieben erfolglos, auch Zeitungsannoncen usw. führten nicht dazu, die Mutter des Kindes ausfindig zu machen. Das Kind wurde daher in die Obhut eines Waisenhauses gegeben und dann, nach den durchgeführten Ermittlungen, für eine Adoption freigegeben.

Ein von der Deutschen Botschaft in Kathmandu beauftragter Vertrauensanwalt hat die Abläufe gesondert überprüft und die dargelegten Umstände bestätigt. Im Hinblick auf den geplanten Aufenthaltswechsel nach Deutschland sei zwar nicht ein besonderes Auslandsadoptionsbedürfnis vom nepalesischen Gericht geprüft worden. Das Kind sei allerdings noch derart jung, dass das Aufwachsen in einem anderen geographischen und kulturellen Umfeld kein grundsätzliches Anerkennungshindernis darstelle. Aufgrund der Ortsverschiedenheit habe das nepalesischen Gericht zudem unter Berücksichtigung der Feststellungen der Überprüfungen des Kinderhilfswerks in Nepal über die Unterbringung und Versorgung in Deutschland Informationen eingeholt. Das Kinderhilfswerk habe virtuell die hiesige Wohnungs- und Versorgungssituation überprüft und umfangreiche Informationen über die Adoptiveltern eingeholt, diese wurden in Nepal auch persönlich angehört. Die wesentlichen Lebensumstände in Deutschland waren daher für das nepalesische Gericht in ausreichendem Umfang bekannt und konnten daher der positiven Adoptionsentscheidung zugrunde gelegt werden.

Darüber hinaus bestand bereits seit längerer Zeit ein Eltern-Kind-Verhältnis, da der Adoptivvater das Kind im eigenen, nepalesischen, Haushalt betreut und versorgt. Ein Eltern-Kind-Verhältnis ist insoweit bereits entstanden, zur Adoptivmutter bestehen ebenfalls bereits Bindungen und es ist zu erwarten, dass sich eine weitergehende Mutter-Kind-Beziehung positiv entwickeln wird. Von daher hat das Amtsgericht München eine ausreichende Kindeswohlprüfung des nepalesischen Gerichts angenommen und einen Verstoß gegen den deutschen ordre public, also die öffentliche Ordnung, abgelehnt.

Für eine ausländische Inlandsadoption aus Nepal sind damit unter Berücksichtigung der besonderen Voraussetzungen der Adoptionsabläufe in Nepal die Voraussetzungen für eine Anerkennungsfähigkeit in Deutschland leitplankenartig bestimmt worden und damit für künftige Verfahren anwendbar.

Dr. Oldenburger berät Sie in allen Fragen rund um Auslandsadoptionen und deren Anerkennung in Deutschland

Dr. Marko Oldenburger

Fachanwalt für Familienrecht

Fachanwalt für Medizinrecht

 

 

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