Anerkennung von Auslandsadoptionen in Deutschland
AG Frankfurt/M., Beschluss vom 7. Juni 2024, Az: 463 F 27055/22 AD
Einleitung
Die Anerkennung ausländischer Adoptionen in Deutschland ist ein komplexes rechtliches Thema, das oft Fragen aufwirft, insbesondere wenn es um internationale Adoptionen geht. Eine aktuelle Entscheidung des Amtsgerichts (AG) Frankfurt am Main vom 7. Juni 2024 (Az: 463 F 27055/22 AD) beleuchtet die rechtlichen Herausforderungen und Anforderungen in solchen Fällen. In diesem Beitrag fassen wir die wesentlichen Aspekte der Entscheidung zusammen und erklären, warum diese Adoption nicht als ausländische Inlandsadoption anerkannt wurde.
Sachverhalt
Ein deutsches Gericht musste über die Anerkennung einer Adoption entscheiden, die von einem brasilianischen Gericht ausgesprochen wurde. Die Annehmenden, ein deutsch-brasilianisches Paar mit Hauptwohnsitz in Deutschland und einem weiteren Wohnsitz in Brasilien, hatten das Kind der leiblichen Schwester der brasilianischen Annehmenden adoptiert. Die Adoption wurde in Brasilien als nationale Adoption durchgeführt, und das Kind lebt seitdem bei den Annehmenden in Deutschland.
Das AG Frankfurt stellte fest, dass es sich bei dieser Adoption um eine internationale Adoption handelt und nicht um eine Inlandsadoption, da die Annehmenden ihren Hauptwohnsitz in Deutschland hatten und das Kind nach Deutschland gebracht wurde. Eine Beteiligung einer deutschen Adoptionsvermittlungsstelle fand nicht statt, was gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AdWirkG (Adoptionswirkungsgesetz) zur Nichtanerkennung der Adoption führte.
Entscheidungsgründe
- Internationale Adoption statt Inlandsadoption
Das Gericht entschied, dass es sich um eine internationale Adoption handelte, da das Kind von Brasilien nach Deutschland gebracht wurde, wo die Annehmenden ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Somit waren die Voraussetzungen für eine Anerkennung gemäß § 1 Abs. 2 AdWirkG nicht erfüllt, da kein internationales Adoptionsverfahren nach den Vorgaben des Haager Adoptionsübereinkommens (HAÜ) durchgeführt wurde.
- Kindeswohl und Verhinderung von Missbrauch
Trotz des bestehenden Eltern-Kind-Verhältnisses und der Erforderlichkeit der Adoption für das Kindeswohl betonte das Gericht, dass das rechtspolitische Ziel der Verhinderung missbräuchlicher Auslandsadoptionen vorrangig sei. Eine Anerkennung der Adoption wurde daher ausgeschlossen, um die Umgehung der internationalen Adoptionsvorschriften zu verhindern.
- Ordre Public und Kindeswohl
Das Gericht wies darauf hin, dass die Anerkennung der Adoption auch gegen den deutschen ordre public verstoßen könnte, wenn die Adoption durch eine verdeckte internationale Adoption erreicht wurde. Das Haager Übereinkommen soll sicherstellen, dass internationale Adoptionen transparent und im besten Interesse des Kindes durchgeführt werden. Eine Anerkennung dieser Adoption würde diesen Grundsätzen widersprechen.
- Fehlende Abwägung und Einholung von Gutachten
Das Gericht kritisierte, dass keine umfassende Abwägung der tatsächlichen Lebensumstände des Kindes sowie der potenziellen Defizite des brasilianischen Verfahrens durchgeführt wurde. Für eine qualifizierte Bewertung wäre möglicherweise die Einholung eines Rechtsgutachtens oder die Einschaltung eines Verbindungsrichters notwendig gewesen.
- Rechtliche Konsequenzen und Kindeswohl
Das Gericht betonte, dass die Anerkennung wesentlichen Gerechtigkeitsvorstellungen des deutschen Rechts widersprechen würde, und zwar auch dann, wenn ihre Versagung das Kindeswohl beeinträchtigt. Die Erforderlichkeit der Anerkennung im Sinne des Kindeswohls sowie die Existenz eines Eltern-Kind-Verhältnisses müssten dem Ziel, den Missbrauch durch verdeckte internationale Adoptionsverfahren zu verhindern, hintangestellt werden.
Fazit
Die Entscheidung des AG Frankfurt unterstreicht die strengen Anforderungen an die Anerkennung internationaler Adoptionen in Deutschland. Sie verdeutlicht, dass die rechtspolitischen Ziele der Verhinderung missbräuchlicher Adoptionen oftmals über das individuelle Kindeswohl gestellt werden. Für potenzielle Adoptiveltern ist es daher essenziell, sich über die rechtlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen im Vorfeld umfassend zu informieren und gegebenenfalls rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um eine erfolgreiche Anerkennung der Adoption zu gewährleisten.
Dr. Marko Oldenburger
Fachanwalt für Familienrecht
Fachanwalt für Medizinrecht